Bei unserem ersten Treffen im Jahr 2019 hatten wir von Best Practice bis Open Data wieder ein volles Programm mit 15 Teilnehmern im Literaturhaus Stuttgart.
Den Anfang machte Daniel Laufer mit seinem Werkstattbericht zur Auswertung der Pressemitteilungen der Bundespolizei.
Für die Badische Zeitung hat er sämtliche Pressemeldungen der Bundespolizei Weil am Rhein zu illegalen Grenzübertritten ausgewertet und diese neben die Zahl der tatsächlichen illegalen Grenzübertritte gehalten.
Der Datensatz der Bundespolizei-Pressemeldungen ist über das von dpa betriebene Presseportal entstanden. Das Scraping lief über Ruby, die Meldungen reichen zurück bis 2014. Die Meldungen wurden als roher Text mit Excel auf bestimmte Schlagworte durchsucht und so die Meldungen zu illegalen Grenzübertritten identifiziert. Ergebnis: Die Bundespolizei Weil am Rhein veröffentlichte im ersten und zweiten Quartal 2018 deutlich mehr Meldungen zu illegalen Grenzübertritten – aber auch insgesamt mehr Meldungen. Dabei sind die tatsächlichen Zahlen der illegalen Grenzübertritte und die Meldungen nur teilweise in Deckung zu bringen.
Auf Nachfrage erklärte die Bundespolizei, jedes Revier entscheide selbst, welche Pressemeldungen es aussende. Außerdem sei das Medieninteresse an zu illegalen Einreisen im ersten Halbjahr 2018 sehr groß gewesen.
Die Resonanz auf Twitter, also besonders in der (Daten-)Journalisten-Community, war laut Daniel erfreulich groß.
Die Gruppe diskutiert über Schlussfolgerungen und Weiterungen, die sich aus dem Ansatz und den Ergebnissen ergeben. Dabei stellt sich im Grunde für jedes Polizeirevier die Frage, wie es jene Vorfälle auswählt, zu denen Pressemeldungen erstellt werden und ob bzw. wie damit die öffentliche Wahrnehmung (mit)bestimmt wird. Journalisten wiederum müssen sich fragen, welche dieser Meldungen sie auswählen oder aktiv nachfragen und ob diese Auswahl über lange Strecken einen korrekten Eindruck vom tatsächlichen Polizeigeschehen vermittelt.
Jan Georg merkt an, dass die dpa Polizeimitteilungen auch per Schnittstelle zur Verfügung stellt und mit den Daten beispielsweise bei Hackathons gerne arbeitet. Die österreichische APA filtert außerdem automatisch eingehende Polizeimeldungen, um im Nachtdienst relevante Meldungen sofort zu erkennen.
David merkt an, dass sich die Polizei bei der Auswahl ihrer Meldungen an professionellen Kriterien messen lassen muss – spätestens, seitdem sie über Facebook und Twitter direkt zu den Bürgern spricht. Dies gilt, obwohl klar ist, dass bei der Polizei teilweise keine Profis die Meldungen erstellen.
Zweiter Tagesordnungspunkt waren die Reaktionen auf unser Papier zu den offenen Wahldaten. Neben viel Zustimmung auf Twitter zählen dazu eine Antwort der Landesregierung (ebenfalls auf Twitter), reges Interesse am Mannheimer Zentrum für Empirische Sozialforschung und eine Einladung zum Wahldaten-Meetup in Berlin gibt es ebenfalls. Daniel Kraft stellt das Papier dort vor.
Von Iteos, die ja mit dem Papier explizit angesprochen werden sollen, kam keine Reaktion.
Anschließend führten Uli und David vor, wie sie einen identischen Datensatz zum Müllaufkommen in Baden-Württemberg mit Python und R unterschiedlich bearbeiten. Beim Wettcoden wird deutlich, dass die Programme ganz grundlegend ähnlich sind. David weist außerdem auf sein Modul Choropy hin (https://github.com/dahilzen/choropy).
Ergebnis: beide Programme haben ihre Stärken – klares Unentschieden.
TOP 4: Veranstaltungen. Uli Winchenbach berichtet von einer geplanten Veranstaltungsreihe der MFG-Akademie im Herbst: ein Meetup für Journalisten, Datenexperten, Verlage, PRler, zwei bis vier Mal im Jahr, im Gutbrod. Die Gruppe schlägt mögliche Themen aus ddj-Sicht vor, darunter die an zahlreichen Beispielen aus dem Arbeitsalltag der Gruppe dokumentierten gering ausgeprägten Neigung der Behörden im Land, Journalisten auch einfache Datenauskünfte zu erteilen. Die Verwertbarkeit regionaler Statistiken, die grafische Gestaltnug von ddj-Geschichten und die von ddj vorangetriebene Innovation im Datenjournalismus sind weitere Themen.
Jan Georg berichtet außerdem von einer Konferenz für Journalism of Things am 5. November, bei der die MFG Mitveranstalter ist. Die Konferenz bewegt sich an der Schnittstelle von Journalismus, Makerszene und Internet of Things / Smart City. Sie soll potenzielle Projektideen generieren und Macher zusammenbringen. Jeder, der einen Themen- oder Referentenvorschlag hat, ist herzlich eingeladen, sich an Jan Georg zu wenden.
Das nächste Treffen ist für Juni mit Simon Jockers (Datenguide) geplant.